Hanwag Tatra Trekkingstiefel im Test - Ein Klassiker unter der Lupe
Alex aus unserem Testteam hat für uns den Hanwag Tatra genauer in Augenschein genommen und auch einige grundlegende Tipps für den Bergschuhkauf gegeben.
Der Hanwag Tatra II ist ein Schuh der Kategorie B. Das sind ordentliche Trekkingstiefel, d.h. Schuhe, die man nicht nur für kurze Touren mit leichtem Gepäck, sondern auch für ausdauernde Unternehmungen mit viel Ausrüstung und auf unwegsamem Gelände einsetzen kann. Diese Schuhe sind in der Regel wiederbesohlbar. Das lohnt sich insbesondere dann, wenn man einen komfortablen und langlebigen Lederschuh wählt und auf Nachhaltigkeit achtet. B-Schuhe haben einen stabilen Schaft, ein robustes Obergewebe Leder oder Mischgewebe (Bergstiefel) und eine verwindungssteife Außensohle, die mit einer dicken, gut dämpfenden Zwischensohle verbunden ist. Damit hat man besten Halt auf losem Untergrund und kann das Gewicht eines schweren Trekkingrucksacks kompensieren. Der Tatra des traditionsreichen deutschen Herstellers Hanwag ist ein membranloser Stiefel aus Volleder (innen Glattleder, außen gewachstes Nubukleder). Es gibt ihn ebenfalls als Tatra II GTX-Schuh mit wasserdichter Gore-Tex-Membran sowie textilem Innenfutter. Der komfortable und exklusive Bruder des Tatra nennt sich Lhasa. Dabei handelt es sich um dieselbe Schuhkonstruktion, mit dem Unterschied, dass der Lhasa nicht aus Rind-, sondern weichem, tibetischen Yaknarbenleder gefertigt ist. Hier soll es um die Eigenschaften eines B-Schuhs, dem klassischen Trekkingstiefel, gehen und im Speziellen die Machart und den Komfort des Hanwag Tatra, der ein State-Of-The-Art-Produkt dieser Schuhkategorie ist. |
Hanwag Tatra II TrekkingstiefelTyp: Bergschuh, Trekkingstiefel unser Preis: 249,90€ (UVP: 259,90 €) |
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Der erste EindruckDer Hanwag Tatra ist mittelschwer (730g/ Schuh mittlerer Größe), robust, profiliert und macht sofort einen langlebigen Eindruck. Das fällt auf, wenn man ihn aus dem Karton nimmt und nur inspiziert. Er ist stabil, aber nicht klobig und schlichtweg das, was man von einem soliden Trekkingstiefel erwartet: schnörkellos, natürlich, bereit für Abenteuer! Verarbeitung und QualitätWas schon beim Auspacken erfreut und auffällt, ist die Liebe des Herstellers zum Detail. Die neueren Kartons von Hanwag beinhalten Hinweise zur Nachhaltigkeit des Produkts, eine kategorische Einordnung sowie praktische Pflegehinweise. Der Schuh selbst ist sehr wertig verarbeitet, alle Nähte sind absolut robust, das Leder ist homogen in Stärke und Oberfläche und alle Nieten sind sauber befestigt. Auch an der Sohle gibt es keine überstehenden Klebereste, der Gummi ist fest und exakt profiliert. Was auch gefällt ist das schlichte Branding mit dezentem, Ton-in-Ton-Logo seitlich. Das passt einfach besser zu einem zeitlosen und vielseitig einsetzbaren Schuh als ein knalliges, großes Farblogo. Material und EigenschaftenDer Tatra besteht aus einem etwa 2-3mm dicken Nubukleder, das großflächig unter Einsatz weniger Nähte und Überlappungen verarbeitet ist. Es gibt vorne und hinten verklebte Stoßbänder, die vor Abrieb schützen. Am hinteren oberen Schaft und der Zunge kommt eine etwas weichere Verarbeitung des Leders zum Einsatz, die gut polstert und sich flexibler anpasst. Die grobstollige Vibram Außensohle ist über eine gut dämpfende und nach hinten dicker werdende (sog. „Sprengung“) Brandsohle am Rumpf des Schuhs befestigt. Hanwag nutzt die aufwendigere gezwickte Machart. Damit ist der Schuh mehrmalig wiederbesohlbar. Ein solcher Schuh aus Volleder bietet einen hohen Klima- und Tragekomfort. Einmal eingelaufen, passt sich das Leder der Fußform wie eine zweite Haut an. Ohne Membran kann durch das Naturgewebe viel Dampf entweichen. Glattleder ist geruchshemmend und besonders langlebig. In der glatten Verarbeitung lässt es sich einfach reinigen und pflegen. Zwar hat man hier keinen vollwertigen dauerhaften Schutz vor Nässe, aber ein gut gewachster Lederschuh steht einem wasserdichten Schuh in Sachen Wetterschutz kaum nach. Es muss schon lange regnen, bis durch die Nähte eines gepflegten Vollederschuhs Wasser dringt. Die dämpfende Zwischensohle bietet ausreichend Komfort und Polsterung und Stabilität zum Tragen eines schweren Trekkingrucksacks. Ein leichter Wanderschuh kann das Zusatzgewicht nicht ausreichend dämpfen und Blasen oder Gelenkschmerzen verursachen. Die große Sprengung beim Hanwag Tatra bietet besten Schutz vor einer solchen Überlastung. Die Außensohle von Vibram haftet auf nassem und trockenem Untergrund bestens, ist sehr abriebfest und für sicheres Stehen auch im geneigten Gelände sowie auf losem Untergrund ausgelegt. Sie ist mit bloßen Händen kaum biegsam und bietet beim Gehen dennoch einen angenehmen Abrollkomfort. |
Der Hanwag Tatra überzeugt bereits beim ersten Eindruck Der Tatra überzeugt mit klassischem und funktionellem Design Das Innenleben besteht aus hochwertigem und besonders weichem Leder Sauber verarbeitet: Langer Halt und präzise Schnürrung sind dank der guten Verarbeitung garantiert Praktisch: Die Möglichkeit leichte Steigeisen nutzen zu können, macht den Tatra im alpinen Gelände besonders vielseitig Die Virbram Sohle sorgt für sicheren Halt im Gelände |
Vor dem Kauf eines Outdoorschuhsgibt es einige Dinge die man beachten sollte. Allem voran stellt sich die Frage „Was will ich mit dem Schuh machen?“. Für leichte Tagestouren mit wenig Gepäck, wenig abschüssigemund gut befestigtem Gelände sowie den sportlichen Alltag, etwa wenn man täglich bei Wind und Wetter draußen ist oder im Forstbereich arbeitet, genügt oft ein leichter, wetterfester Outdoor- bzw. Wanderschuh – das kann auch gerne ein Halbschuh sein. Von Meindl gibt es dazu als Orientierung eine praktische Einteilung der Schuhe in Kategorien und einen leichten Wanderschuh (Halbschuh oder mit mittelhohem Schaft) mit einer flexiblen Sohle ordnet man in die Kategorie A oder A/B ein. Ein solcher Schuh ist meist aus einem Mischgewebe gefertigt (Synthtik und Velours- oder Nubukleder) und bietet eine moderate Dämpfung. „A“ bedeutet: sportlicher Alltagsschuh mit Profil für Wald und Wiese. „A/B“ bedeutet: leichter Wanderschuh mit etwas steiferer Sohle, guter Dämpfung und robustem Oberstoff für Mittelgebirge und Wochenendtouren. Pflege eines OutdoorschuhesDamit ein Schuhe lange hält benötigt er besondere Pflege. Vor der eigentlichen Pflege werden grober Schmutz und Dreck mit einer Bürste und ggf. mildem Seifenwasser gesäubert. Zur Pflege eines Outdoorschuhes gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die einfachste Möglichkeit ist ein spezielles Pflege Spray, z.B. Toko Shoe Proof & Care. Die klassische Variante mit Schuhwax funktioniert natürlich ebenfalls und bringt Nährstoffe für das Leder etwas tiefer ins Material. |
Ausstattung und DetailsDer Hanwag Tatra punktet mit liebevoll gestalteten Lösungen, die man sich von seinem Trekkingstiefel wünscht. Da fällt sofort der nach hinten abfallende Schaft auf, der das Abrollen bei der Gehbewegung deutlich erleichtert, da der Druck auf die Wade gemindert wird. Die Verstärkungen vorne und hinten bieten guten Schutz vor losen Steinen und Ästen und schützen das untere Leder vor allzu schnellem Abrieb. Die Schnürsenkel sind angenehm in der Handhabung und kommen in passender Farbe. Außerdem machen sie nicht den Eindruck, sich zu schnell aufzulösen. Die Ösen für die Schnürung sind sinnvoll angeordnet. Speziell und praktisch sind die kleinen Kugeln im unteren Bereich, durch die sich die Senkel einfacher heranziehen lassen. Im oberen Schaftbereich ist der Schuh weicher und ventilierter gestaltet und vorne oben gibt es eine praktische Verstärkung an der Zunge, um diese vor Abrieb durch den Knoten zu schützen und den Druck zu mindern Die Etiketten im Innern sind flach angebracht, so dass sie nicht drücken oder unnötig herumflattern. Innen befindet sich außerdem die herausnehmbare Einlegesohle aus weichem Synthetikgewebe. Pflege, Lagerung, Nachhaltigkeit, LebensdauerEinen Schuh aus Glattleder pflegt man regelmäßig mit natürlichem Bienenwachs. Nur so bleibt das Leder geschmeidig, flexibel und bietet einen guten Wetterschutz. Durch Abrieb, Sonneneinstrahlung, Regen, Salz und andere äußere Einflüsse trocknet das Leder aus. Daher stets nach dem Einsatz mit einem Tuch oder Schwamm (keine Bürste!) die Oberfläche reinigen (gegebenenfalls etwas herkömmliche Seife dazu nehmen) und bei Bedarf anschließend den trockenen Schuh mit einem weichen Tuch gleichmäßig mit etwas Schuhwachs behandeln, so dass das Leder glänzend und geschmeidig wird. Außerdem sollte man nach jedem Tragen den Schuh gut an der frischen Luft auslüften und dazu gegebenenfalls die Einlegesohle entnehmen. Gelagert wird ein Trekkingstiefel bei Zimmertemperatur offen im Regal. Wichtig ist bei Leder, dass der Schuh nicht dauerhaft in unmittelbarer Nähe einer Wärmequelle steht, sonst trocknet das Leder aus und wird porös. Daher auch besser nicht am Ofen oder der Heizung trocknen, sondern einfach etwas Zeitungspapier oder ein Handtuch in den Schuh stecken, die Schnürung lockern und die Zunge nach vorne klappen, so dass die Nässe entweichen kann. Außerdem sollte der Schuh nicht über sehr lange Zeiträume (mehr als sechs Monate) gelagert werden, ohne genutzt zu werden. Die Schaumstoffe in der Zwischensohle können sonst porös werden und sich lösen. Daher regelmäßig den Schuh tragen und dadurch mit Druck belasten. Glattes Leder ist enorm widerstandsfähig und bietet eine sehr hohe Lebensdauer. Einen wiederbesohlbaren Schuh wie den Hanwag Tatra kann man bei sachgemäßer Pflege durchaus 12-15 Jahre tragen. Wichtig ist, dass der Schuh wiederbesohlt wird, wenn man merkt, dass die Dämpfung nachlässt. Das muss nicht unbedingt auch dann sein, wenn die Außensohle, also das Profil, abgelaufen ist. Sobald man durch häufiges Tragen des Schuhs mit Gepäck anfängt, zu spüren, dass die Belastung an den Gelenken zunimmt, sollte eine neue Dämpfung drauf! Beim Wiederbesohlen durch den Hersteller oder einen Schuster vor Ort werden Außen-, Brand- und Einlegesohle erneuert. Außerdem kommen neue Schnürsenkel drauf. Damit werden Umwelt und Geldbeutel geschont und allem voran behält man den gut passenden Schuh, der einen schon jahrelang begleitet. Der Hanwag Tatra wird wie die meisten Modelle des Herstellers in Europa produziert (hier: Kroatien), besteht aus einem Naturstoff aus kontrollierter Herkunft und wird nur mit natürlichem Bienenwachs gepflegt. Praxistauglichkeit und KomfortIch konnte den Hanwag Tatra besonders unter heißen Bedingungen im Sommer auf Wandertouren testen und war von Anfang an vom Tragekomfort überzeugt. Der Schuh fällt meines Erachtens nach etwas größer aus und sollte unbedingt authentisch, d.h. mit den eigenen Wandersocken, etwas geschwollenen Füßen im Tagesverlauf (also nachmittags) und ggf. mit orthopädischen oder eigenen Einlagen anprobiert werden! Hat man die richtige Größe gefunden, gitl es, den neuen Schuh mit Wachs zu behandeln, so lässt sich das Leder besser einlaufen. Anfangs sollte man zur Vermeidung von Blasen zwei Paar Socken tragen. Ich würde sagen, dass mein Tatra Wanderschuh durchaus 50-100 km gelaufen werden musste, um die ideale Passform zu erhalten! Der Tatra hat einen normalen Leisten, für breite Füße gibt es eine gesonderte Ausführung. Wer noch mehr Tragekomfort will greift zum Lhasa, dessen etwas dünneres Yakleder deutlich nachgiebiger ist. Der Tatra bietet auf verschiedenen Untergründen wie man sie beim Trekking hat (Waldwege, Schotter, Stein, Wurzeln, Schlamm) gute Griffigkeit und insbesondere auch guten Halt durch den stabilen Schaft. Der Abrollkomfort der steifen Sohle ist Gewöhnungssache und nach etwas Einfühlzeit kann man damit auch getrost befestigte Teerwege laufen. Ich mag besonders die einfache Reinigung und Pflege des Schuhs (wenig Nähte, glattes Gewebe) und den Klimakomfort durch das Fehlen einer Membran. Bewegung bringt eben immer Schweiß mit sich und jedes Material hat Grenzen in puncto Atmungsaktivität. Für mich ist der Tatra was den Kompromiss aus Wetterschutz und Klimakomfort angeht eine tolle Allround-Lösung, vergleichbar mit einer Softshell im Textilbereich: ausreichend Wetterschutz für fast alle Bedingungen und hoher Tragekomfort! Natürlich habe ich nach Dauerregen irgendwann Nässe im Schuh gehabt, aber das stört mich nicht, wenn ich in Bewegung bin und zudem mit Wollsocken aus Merino laufe. Die Trocknungszeit ist ebenfalls gut, wenn man den durchnässten Schuh mit Papier ausstopft, kann man ihn am nächsten Tag wieder tragen, auch wenn er noch etwas klamm ist. Die Schnürung funktioniert hervorragend, etwas gestört hat mich aber die Länge der Schnürsenkel. Diese sind für meinen Geschmack etwas kurz geraten, weshalb ich auf Längere umgestiegen bin, um den Schuh auch über den hinteren Schaft für bergiges Gelände binden zu können. Die Sohle ist wie von Vibram gewohnt enorm abriebfest und in Sachen Dämpfung konnte ich auch mit 15 kg Gepäck keine unangenehmen Erfahrungen feststellen. FazitDen Hanwag Tatra kann ich als langlebigen und robusten Trekkingstiefel uneingeschränkt empfehlen. Er ist nachhaltig, komfortabel, bietet guten Wetterschutz und besten Klimakomfort, bringt eine gute Griffigkeit, ein zeitloses Design und sinnvolle Detaillösungen mit. Er ist ideal geeignet für ausgedehnte Wanderungen in anspruchsvollerem Gelände, ausdauernde Trekkingtouren mit viel Gepäck, Hüttentouren sowie mit warmen Socken für den Wintereinsatz. Auch mit Schneeschuhen, leichten Steigeisen und für Arbeitseinsätze oder im Wald kann man den robusten Schuh gut nutzen. Preis-Leistung (aktuell 230,-) finde ich sehr fair, da es sich um ein in Europa gefertigtes, innovatives, nachhaltiges und hochwertiges Produkt handelt, mit dem man viele Jahre Freude haben wird. Die etwas kurz geratenen Schnürsenkel sind eine persönliche Einstellung, ansonsten hatte ich an dem Schuh nichts zu bemängeln. Den Tatra gibt es ebenfalls in Narrow, Wide, mit Gore-Tex sowie als Bunion (für Personen mit Hallux Valgus), außerdem in unterschiedlichen Farben (hier: Erde, weiterhin: Alpin, Schwarz, Asche). |